Die mitteldeutsche Chemieindustrie und ihre Arbeiter im 20. Jahrhundert

Die mitteldeutsche Chemieindustrie und ihre Arbeiter im 20. Jahrhundert

Organisatoren
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Institut für Geschichte, Lehrstuhl für Zeitgeschichte, Prof. Dr. Hermann-Josef Rupieper
Ort
Halle (Saale) / Leuna
Land
Deutschland
Vom - Bis
14.11.2003 - 15.11.2003
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Von
Albrecht Wiesener, Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Fährt man von Berlin mit dem Zug in Richtung Frankfurt am Main und entscheidet sich für die langsamere IC-Strecke über Halle und Erfurt, so gelangen nicht weit hinter Dessau die ersten Industrieanlagen in den Blick. Bis weit hinter Halle werden die alten Fabrikgebäude, Rohranlagen, Schornsteine und Arbeitersiedlungen ein steter Begleiter des Reisenden bleiben und ihn trotz ihres heruntergekommenen Zustands vielleicht daran erinnern, daß diese Gegend im 20. Jahrhundert einmal zu den bedeutendsten Chemieregionen Deutschlands und Europas zählte. Klangvolle Firmennamen wie AEG, AGFA, Bayer und BASF ließen hier in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts neue Werke entstehen, die nach 1945 ausgebaut wurden und zu DDR-Zeiten unter den Namen Leuna, Buna und ORWO die industrielle Zukunft des zweiten deutschen Staates garantieren sollten. Die Frage, die sich dem Betrachter dieser Hinterlassenschaft unweigerlich aufdrängt, dürfte naheliegen. Welchen sozialen und mentalen Wandel hat diese Region seit der Wende 1989/90 durchgemacht? Was ist mit den Arbeitern und Angestellten dieser Industriebetriebe geschehen? Wer arbeitet heute in den wenigen verbliebenen Industrieanlagen, die nachts hell erleuchtet vom erneuten Aufbruch in die Zukunft künden? Es ist das Verdienst von Friederike Sattler (Halle) und Georg Wagner-Kyora (Potsdam), sich dieser Fragen auf einem gut besuchten Workshop am Institut für Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angenommen zu haben. Dazu war ganz bewußt das Teilnehmerfeld auch auf Interessenten und Zeitzeugen aus der außerwissenschaftlichen Öffentlichkeit ausgedehnt und als Kooperationspartner das Qualifizierungsförderwerk Chemie und die Landeszentrale für politische Bildung des Landes Sachsen-Anhalt gewonnen worden. Zum anderen bestand das Anliegen des Workshops darin, stärker als bisher Unternehmens- und Arbeitergeschichte im Hinblick auf die zur Diskussion stehende Chemieindustrie aufeinander zu beziehen und auf mögliche wechselseitige Synergieeffekte hin zu überprüfen.
Hermann-Josef Rupieper (Halle) wies in seiner kurzen Begrüßung der Teilnehmer auf das große Interesse hin, das dieser Workshop in der Chemieregion geweckt habe und versprach sich vor allem von der Einbindung der Zeitzeugen interessante Diskussionen über den Wandel der Chemieindustrie und ihrer Beschäftigten im 20. Jahrhundert.

In der ersten Sektion befaßten sich Johannes Bähr (Frankfurt/M.) und Dietmar Süß (München) unter der Leitung von Paul Erker (München) mit den unterschiedlichen Konjunkturen von Unternehmens- und Arbeitergeschichte im 20. Jahrhundert. Bähr kennzeichnete den aktuellen Stand der Unternehmensgeschichtsschreibung als von zwei unterschiedlichen Trends gekennzeichnet. Während in den neunziger Jahren innerhalb der Disziplin eine Hinwendung zum methodischen Instrumentarium der systematischen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften stattfand und neuere Konzepte und Ansätze wie die Mikropolitik und Neue Institutionenökonomik adaptiert wurden, erfuhr die Unternehmensgeschichte durch die öffentliche Diskussion um die Rolle der Unternehmen im Nationalsozialismus eine Sonderkonjunktur. Die für den Workshop entscheidende Frage der Übertragbarkeit von unternehmensgeschichtlichen Ansätzen auf die Erforschung der DDR-Betriebe beantwortete Bähr eher negativ. Diesen Betrieben fehlten die entscheidenden Funktionen und Steuerungsmechanismen eines Unternehmens und so läßt sich ihre Geschichte allein aus übergreifenden Perspektive der verstaatlichen Wirtschaft der DDR verstehen.
Die anschließenden Ausführungen von Süß stellten im Kern den Versuch dar, die Arbeitergeschichte auf ein ähnlich theoretisches Niveau zu heben und dabei den Wandel des Gegenstandes Arbeit im 20. Jahrhundert mit zu reflektieren. Wahrgenommen werden kann Arbeitergeschichte in der sozialgeschichtlichen Forschung heute nur dann, so Süß in seiner Zusammenfassung, wenn sie sich an die Gesellschaftsgeschichte anlehnt, geschlechtergeschichtlich sensibel ist, vor Luhmann und Bourdieu keine Angst mehr hat und vor allem mikropolitisch denken kann.
So überaus versiert dieser theoretische Input für die Diskussion des Workshops vorgetragen wurde, er verpuffte dank der reflexhaften Abwehrhaltung einiger weniger Zeitzeugen, die insbesondere Bährs Vortrag als eine Abwertung der wirtschaftlichen Leistungen in der DDR gründlich mißverstanden hatten.

Aus der Perspektive der Unternehmensgeschichtsschreibung widmete sich die zweite Sektion am Vormittag unter der Leitung von Rolf Petri (Halle) den Unternehmensstrategien und -entwicklungen in der mitteldeutschen Chemieindustrie. Zur Einführung der Darlegungen von Rainer Karlsch (Berlin) rekapitulierte Petri die wichtigsten Rahmenbedingungen für Unternehmensstrategien in der Chemischen Industrie (Stickstoffindustrie im 1. Weltkrieg, Autarkiebestrebungen im NS und in der Frühphase der DDR, Deindustrialisierung nach 1990). Karlsch zeichnete in einem langen Bogen die Entwicklung der mitteldeutschen Chemieindustrie seit der Ansiedlung der Elektrochemie in Bitterfeld 1894 nach und fragte dabei nach eigenständigen Unternehmensstrategien für die dort angesiedelten Chemieunternehmen. Zeigten sich hinsichtlich der Unternehmensstrategien vor dem Krieg in Buna und Leuna die Abhängigkeit von den Stammwerken in Leverkusen und Ludwigshafen, so kann für die Zeit nach 1945 von eigenständigen Strategien erst recht keine Rede sein. Eher dürfte es sich um das Ausloten von bestimmten Spielräumen durch Betriebs- und Parteileitungen gehandelt haben. Im Hinblick auf die Kriegs- und Nachkriegszeit plädierte Karlsch für eine stärkere Berücksichtigung der regionalen und vor allem sowjetischen Archive, in denen sich bedeutendes Material zu Fragen der Demontage und Rekonstruktion der Werke nach dem Krieg befindet.
Susan Becker (Ludwigshafen) ging in ihrem Vortrag "Ludwigshafen als Modell für Leuna" auf einen wichtigen Einzelaspekt unternehmerischer Strategie im 20. Jahrhundert ein, die betriebliche Sozialpolitik. Die politische Prägung des mitteldeutschen Arbeitermilieus durch USPD und KPD sowie die besondere Struktur sozialer Schichtung in Leuna stellten die Werkleitung in Ludwigshafen vor das Problem, ihre erfolgreiche betriebliche Sozialpolitik unter gänzlich anderen Ausgangsbedingungen dorthin zu transferieren. Letztlich erwies sich die aus dem Ludwigshafener Werk nach Leuna verpflanzte Gruppe der ausgebildeten Chemiearbeiter und -angestellten als die eigentliche Zielgruppe für das erprobte Modell sozialer Befriedung der Arbeiterschaft.
Auf einen weiteren besonderen Aspekt von Unternehmensstrategien in der Chemischen Industrie, den Umweltschutz, wies Claus Christ (Kelkheim) in einem kurzen Statement zur Diskussion am Beispiel der Standorte in der Region hin. Anschaulich belegte er die gravierenden Umweltsünden in der Region Halle-Merseburg und die mangelnden Steuerungskapazitäten, um dieser Entwicklung von politischer und wirtschaftlicher Seite entgegenzuwirken.

Die Nachmittagssektion zu Handlungs- und Kommunikationsprozessen im Unternehmen führte die Diskussion dieser Thematik am konkreten Beispiel der Leverkusener Farbwerke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fort. Christoph Boyer (Frankfurt/M.) leitete die Vorträge mit Fragen zur Kommunikationskultur in Unternehmen und zur moralischen Ökonomie der Aushandlungsprozesse zwischen Arbeitern und Werksleitung ein und plädierte ebenso dafür, das Umfeld der Unternehmen nicht außer Acht zu lassen.
Werner Plumpe (Frankfurt/M.) ging in seinem Vortrag auf die komplexe Aushandlungsstruktur in den Arbeitsbeziehungen der Farbwerke ein. Er konnte verdeutlichen, warum die durch die organisierte Arbeiterschaft nach der Revolution von 1918 erzwungenen kollektiven Arbeitsbeziehungen keineswegs zur Befriedung der innerbetrieblichen Situation in den Farbwerken führten. Die Kreuzung von Selbst- (Lohnhöhe, Gewinn) und Fremdreferenz (Funktionsfähigkeit der Fabrik) in den Selbstbeschreibungsprozessen der einzelnen Akteursgruppen, die sich im konkreten Fall zu einem neuen Modell der tariflichen Basissicherung und ergänzender innerbetrieblichen Lohnfindung auswuchs, wurde beständig durch Gewerkschaften und Kommunisten gestört und führte zu gravierenden innerbetrieblichen Kommunikationsblockaden in Form von Streiks.
Anne Nieberding (Konstanz) sprach im folgenden Beitrag über "Unternehmenskultur in historischer Perspektive" vor allem über die Notwendigkeit, dieses neue Forschungsfeld stärker als bisher geschehen wissenssoziologisch und kulturtheoretisch zu fundieren. Derart theoretisch aufgerüstet kann Unternehmenskultur, so Nieberding, eine neue Perspektive auf Unternehmen erschließen, die darin besteht, sie als Organisationen mit einer (oder auch mehreren) Sinnkonstruktionen zu begreifen, die das Handeln ihrer Mitglieder maßgeblich bestimmt. Das wollte Plumpe in der Diskussion nicht so stehen lassen und verwies noch einmal auf das große Marschgepäck, das man bei der historischen Arbeit mit diesem Begriff mitschleppt.
Der als Statement zur Diskussion gedachte Beitrag von Dirk Hackenholz (Halle) über "Die Belegschaft der Bitterfelder elektrochemischen Werke im Spiegel der Konjunktur 1914-45" skizzierte den von Konjunktur und Beschäftigungsentwicklung gesteckten Rahmen für Handlungs- und Kommunikationsprozesse im Unternehmen. Anhand von Statistiken wies Hackenholz auf die konkrete Belegschaftspolitik in den Bitterfelder Werken hin, die beispielhaft für die personellen Probleme eines Großstandortes der deutschen chemischen Industrie war.
Es erscheint im Nachhinein etwas unglücklich, daß die beiden Sektionen zur Unternehmensgeschichte durch die Nachmittagsexkursion nach Schkopau und Leuna auseinandergerissen wurden und das Tagungsprogramm für den ersten Tag zu dicht gedrängt war. So fand eine zusammenhängende Diskussion über die Chancen und Defizite der Unternehmensgeschichtsschreibung und über die Frage der Anwendbarkeit auf die mitteldeutsche Chemieindustrie nur in Ansätzen statt. Trotzdem stellte die Exkursion ein seltenes Beispiel für die Auflockerung von wissenschaftlichen Tagungen hinter verschlossenen Türen dar. Der Besuch in den ehemaligen Buna-Werken und im Kulturhaus Leuna verschaffte den Teilnehmern einen kurzen Eindruck von den gewaltigen Veränderungsprozessen in dieser Region nach dem Mauerfall.

Diesem Thema widmete sich in Gänze die Abendveranstaltung im historischen Hörsaal des Hauptgebäudes der ehemaligen Leuna-Werke. Moderiert von Georg Wagner-Kyora diskutierten Manfred Steinhausen (für die Infraleuna GmbH), Bart J. Groot (für Dow Chemical), Dietlind Hagenau (für die Stadt Leuna), Carsten Johnson (für das Qualifizierungsförderwerk Chemie) und Hermann-Josef Rupieper (für die Universität Halle) als Zeitzeugen den wirtschaftlichen und mentalen Wandel der Chemieregion Halle-Merseburg. Nachdem Steinhausen über die wirtschaftlichen und personalpolitischen Schwierigkeiten bei der Erneuerung des Chemiestandortes Leuna referiert hatte, war die Reihe an Groot und Hagenau, aus ihrer Perspektive den Wandel vor Ort in Schkopau und Leuna zu rekapitulieren. Groot beschränkte sich auf einige wenige Aussagen zur Umstrukturierung der Buna-Werke nach der Privatisierung und ging dafür ausführlich auf die veränderte Arbeitshaltung der Beschäftigten und die hohe Akzeptanz des Investors in der Region ein, die er als Erfolg der offensiven Vermittlung eigener Unternehmenskultur begriff. Dem konnte Hagenau nur zustimmen, erinnerte aber zugleich an die sozialen und mentalen Verwerfungen vieler arbeitslos gewordener ehemaliger Beschäftigter der großen Chemiewerke. Auch Johnson und Rupieper betonten eher die positiven Aspekte der Entwicklung, den Erhalt einer für die Identität der Region überaus wichtigen Industrie, und somit kam eine wirkliche Diskussion über durchaus kontrovers zu betrachtende Aspekte dieses gewaltigen Strukturwandels nicht so recht zustande.

In der von Hermann-Josef Rupieper geleiteten ersten Vormittagssektion am Samstag standen die Arbeiter der Chemieindustrie als betriebliche Akteure im Mittelpunkt der Erörterungen. Friederike Sattler schilderte in einer vergleichenden Betrachtung die Gründe für das unterschiedliche Konfliktverhalten der Arbeiter in Buna und Leuna vor und während des Aufstands im Juni 1953. Eine auf Ausgleich bedachte Unternehmenskultur ermöglichte in Leuna eher als in Buna das Entstehen einer statusgruppenübergreifenden Solidarität der Beschäftigten. Demzufolge gestaltete sich der 17. Juni dort auch weniger eruptiv als in den Buna-Werken. Ihren Beitrag verstand Sattler als Hinweis darauf, daß der klassische Ansatz der industriellen Beziehungen erweitert um Aspekte des Unternehmenskulturkonzeptes gewinnbringend dafür eingesetzt werden kann, Arbeitergeschichte als Gesellschaftsgeschichte zu schreiben.
Albrecht Wiesener (Potsdam) konzentrierte sich in seinem Vortrag über die Produktionskampagnen im Arbeitsalltag der Leuna-Werke auf die Phase zwischen 1958 und 1963. Anhand zahlreicher Quellenbeispiele verdeutlichte er ebenso den prekären Balanceakt, den SED und Gewerkschaften während dieser Kampagnen um eine veränderte Arbeitshaltung der Arbeiter zu bewerkstelligen hatten, wie auch die politisch-moralischen Zumutungen, denen sich die Arbeiter angesichts der Fremdinszenierung als "Neue Menschen" in zunehmendem Maße ausgesetzt sahen. In ihrem Statement zur Diskussion richtete Renate Hürtgen (Potsdam) den Blick auf die sozialistische Arbeitswelt in den siebziger und achtziger Jahren. Am deutlichsten zeigte sich der Wandel in der sozialistischen Gesellschaft darin, so Hürtgen, daß der Betrieb im Vergleich zu den fünfziger und sechziger Jahren nicht mehr der wichtigste Konfliktbereich im Alltag war, und sich das Konfliktverhalten der Arbeiter selbst gewandelt hatte. Petitionen und Eingaben ersetzten die Vollversammlungen der Vertrauensleute und Konfliktkommissionen und über den sozialen Frieden der Belegschaft wachte die Betriebsdienststelle des MfS.
In der turbulenten Diskussion sprachen einige Zeitzeugen den Referenten die Kompetenz ab, über den Arbeitsalltag im Chemiebetrieb wissenschaftliche Aussagen zu treffen. Das ließen diese nicht auf sich sitzen, und es entspann sich eine heftige Diskussion, in der es allerdings nur am Rande um Arbeitergeschichte in der DDR ging.

Helke Stadtland (Bochum) war es zu verdanken, daß sich die von ihr eingeleitete letzte Sektion des Workshops noch einmal eingehender konzeptionellen Fragen widmete. Im Kern waren ihre Ausführungen darauf gerichtet, die Kategorien Generation und Geschlecht kritisch auf ihren wissenschaftlichen Gebrauchswert für eine Gesellschaftsgeschichte der DDR hin zu überprüfen. Stärker als bei der Geschlechtergeschichte, die aber für die DDR erst noch zu entwerfen wäre, stellt sich für die Kategorie Generation das Problem ihrer Historisierung in Erfahrungswelten und Konstellationen der Erinnerung, so Stadtland. Den vor ihr hervorgehobenen relationalen Charakter von Generation unterstrich Georg Wagner-Kyora in seinem Vortrag über die Generationenfrage und die Kontinuität von Statusgruppen und ihren Selbstbildern in den Leuna- und Bunawerken. Anhand der Berichte eines IM aus Buna konnte er beispielhaft für die fünfziger Jahre das politisch induzierte Fremdbild einer national begeisterten und der SED gegenüber distanzierten Arbeitergeneration verdeutlichen. Dagegen lassen sich Generationsmerkmale bei der Intelligenz sehr viel stärker als Selbstbilder ausmachen, in denen sich Traditionen und Werte einer vorangegangenen Generation vermittelten. Annegret Schüle (Buchenwald) fragte in ihrem abschließenden Vortrag über den VEB Leipziger Baumwollspinnerei, ob sich in diesem Frauenbetrieb generationsbedingte Unterschiede hinsichtlich der Akzeptanz und Loyalität gegenüber der SED-Herrschaft ausmachen lassen. Die ältere Generation stieg auf, die jüngere stieg aus, so faßte sie diesen Aspekt pointiert zusammen. Für die soziale Ordnung im Werk war die Repräsentation der unterschiedlichen Generation gerade wegen der geschlechtlichen Homogenität der Beschäftigten überaus zentral.
In der Diskussion wurde von Christoph Boyer die Verwendung des Generationsbegriffs als Erklärungsvariable und seine mögliche Konzeptionalisierung als Kategorie für gesellschaftsgeschichtliche Forschungen in Frage gestellt. Boyer plädierte für eine stärker systemtheoretische Perspektive, in die dieser Begriff sich einbinden ließe.

Friederike Sattler, Rolf Petri und Christoph Boyer faßten in der darauf folgenden Abschlußdiskussion den Ertrag des Workshops und die sich daran anschließenden Fragen noch einmal zusammen. Deutlich wurde, daß die Unternehmensgeschichte ein ganzes Set an interessanten, für die Arbeitergeschichte fruchtbar zu machenden Konzepten bereithält, so die Mikropolitik im Unternehmen, neue Institutionenökonomik und das Forschungsfeld Unternehmenskultur. Aus der Perspektive der Arbeitergeschichte wurden mit Blick auf die Unternehmen bzw. Betriebe vor allem die notwendigen Erweiterungen und Verbindungen angesprochen: die Verbindung mit der Erforschung anderer Beschäftigtengruppen und der wirtschaftlichen Elitenforschung, der innerdeutsche und auf Osteuropa ausgerichtete Vergleich sowie ihre zeitliche Erweiterung über die Epochenschwelle von 1989 hinaus. Diese wichtigen wechselseitigen Anregungen von Unternehmens- und Arbeitergeschichte, die auf dem Workshop selbst wegen der ganz in den Vordergrund tretenden Auseinandersetzung mit den Zeitzeugen nur angerissen wurden, werden im geplanten Tagungsband sicherlich deutlich erkennbar sein. Bleibt trotzdem das Problem des Historikers mit den Zeitzeugen, für das dieser Workshop ein lebendiges Beispiel abgab.


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